Weingeschichten

Ein Weinwahnsinniger Jungsommelier

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 18 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Schuster bleib bei deinen Leisten, jetzt hab ich gestern so einen fantastischen Artikel geschrieben, und jetzt er ist weg. Keine Ahnung was ich da falsch gemacht habe. Muss mich wohl erst noch an das bloggen gewöhnen, aber es kann schließlich nicht schwerer sein als ein Kellerbuch zu führen. Was war heute los im Weingut? Nicht viel, aber eines will ich erzählen, heute war wieder mal ein Hoffnungsvoller, optimistischer, begeisterter zukünftiger Sommelier da. Ja, er wird bald auf die Schule gehen, er hat nun schon sooo vieeeel Erfahrung mit deutschen Weinen gesammelt, die sich ja wirklich nicht mehr zu verstecken brauchen. – Danke für das Kompliment, zum Anfang schenk ich ihm einen Riesling Kab trocken ein, nur so zum warm werden und um zu schauen was er auf der Pfanne hat. Ich muss sagen, Respekt, der Typ war richtig gut, klare Ansagen, konkrete eigene Vorstellung wie so etwas schmecken sollte, allerdings auch immer meinen Stiel akzeptierend. Na denn, das ist doch viel versprechend, ich beschließe also, mich mit dem jungen Herrn etwas intensiver zu beschäftigen um sicherzugehen, das von seinem Besuch auf unserem schnuckeligen Familienweingut auch was hängen bleibt. Sympathisch und nett steht er an der Theke und gemeinsam sezieren wir einen Wein nach dem anderen. Nach 3 Stunden hält er sich noch immer wacker, stets bemüht eindeutige Beschreibungen zu finden, denn mittlerweile waren wir sicherlich bei 25. Probe angekommen, und, ich muss sagen er war immer noch gut dabei. Langsam aber sicher muss ich für mich realisieren, das mein Tagewerk für heute nicht mehr zu schaffen ist, deswegen beschließe ich dennoch die Schlussrunde einzuläuten, denn ich hab ja auch noch anderes zu tun. Zum Ende hin serviere ich meine persönlichen Favoriten, Süßweine. Die hohe Schule des Degustierens ist angesagt, logisch, diese Dinger brauch ich nicht täglich, also kommen sie direkt aus dem Lager untempereriert. Der Junge Mann ist begeistert ob der Vielfalt die ich ihm nun biete, die süßen nehmen uns noch mal eine Stunde in Anspruch. Ja, auch so etwas muss sein, man kann nicht immer nur durch den Keller schlurfen und dem Tageslicht ausweichen, man muss sich ab und wann auch solchen Sachen stellen. Zurück zum angehenden Jungsommellier. Mir blieb also nichts anderes übrig als dem Herrn mitzuteilen, das er wirklich für diesen Beruf geboren ist, er hat Ausdauer, ist Redegewandt, Sympathisch, nur das Charisma, das muss er sich noch erarbeiten. Ja, so hab ich es zu ihm gesagt und ich hab es gerne getan, denn schließlich ist es ein Kompliment. Natürlich hat er mich gefragt, wie ich das meine mit dem Charisma. Ich hab’s ihm gesagt wie ich es denke, das muss er sich erarbeiten und wenn er es mal hat, muss er es sich erhalten. Ich habe leider so oft Sommeliers erlebt, die völlig eingefahren und einseitig alles durch die Hippe viereckige Juppibrille betrachten. Immer getreu dem Motto was nicht sein kann, darf auch nicht sein. Darum , für mich als Kellermeister die Hauptqualifikation eines Sommeliers liegt darin, immer und jederzeit bereit für Überraschungen zu sein. Der Sommelier der diese Bereitschaft verloren hat, hat auch sein Charisma verloren, denn dann hechelt er nur doch den anderen Sommeliers und Weinschreibern hinterher. Sodann, der halbe Tag war damit vorbei, den Rest hab ich dann am Schreibtisch verbracht. Alles was liegen blieb hab ich aufgearbeitet, Morgen geht es wieder in den Keller, da hab ich einiges zu tun, es sei denn, es kommt wieder ein Weinwahnsiniger vorbei um Weine zu probieren. Soweit es möglich ist, sind solche Leute immer willkommen, denn die Gespräche sind immer Lehrreich und Interessant.

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