So also fühlt sich die Apocalypse an – ein paar Gedanken zur Weinernte 2014

Auf Reisen

So also fühlt sich die Apocalypse an – ein paar Gedanken zur Weinernte 2014

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 9 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Es gibt in jedem Weinjahrgang Dinge die zum ersten mal passieren, ganz einfaches wie z.B.

  • Rieslingtrauben sind seifig, schmieren und lassen sich nur schwer auspressen
  • Der Grauburgunder färbt dunkelblau
  • Wein der problemlos über 15% Alkohol vergärt
  • Weine die sich niemals klären
  • völlig bescheuerte neue Weingesetze
  • Technischer Fortschritt
  • dazu kommen die ganzen Superlativen wie frühester Austrieb seit Menschengedenken, kürzeste Weinernte, niederschlagsreichster Herbst, trockenster Sommer usw usw usw

… und nicht zu vergessen der alljährlich hier im Winzerblog via Blogartikel, Twitter, Instagram oder Facebook ausgerufene Jahrhundertjahrgang! Der ist übrigens nur echt wenn er vom Winzerblogger selbst ausgerufen wird.

Also, wir Winzer und Kellermeister lernen noch jedes Jahr etwas Neues! Übrigens, ich denke genau dass ist auch der Grund für die Faszination des Berufes und des Weines, kein Jahr und damit kein Wein ist jemals reproduzierbar, niemals!

Zurück zum Jahrgang 2014, ein Blick in die Fachforen verrät das Wort des Weinjahrganges 2014 lautet:

Drosophila suzukii

Auch bei uns hier im Betrieb war dieses Tier ein Thema, glücklicherweise nur bei 2 roten frühen Sorten ansonsten blieben wir unbehelligt, aber trotzdem hat sie tiefe Spuren bei mir hinterlassen.

Es war wenige Tage vor Erntebeginn, Drosophila suzukii war schon überall im Gespräch, die Meldungen über den Befall und die Zerstörung ganzer Regionen erreichten inzwischen den normalen Verbraucher. Die ansonsten nur von Sonne, Wind und Verkaufsgesprächen gezeichneten und normalerweise lustig anzusehenden Winzergesichter verdüsterten sich zunehmend, selbst dort wo noch niemals eine Drosophilia suzukii auftauchte war panisches Augenflackern zu erkennen.

Das ganze kann sich zu einem Szenario auswachsen ähnlich oder gar schlimmer dem der Reblaus!!

So der Satz derjenigen die das allerschlimmste aller Szenarien zeichneten, es darf also nicht verwundern wenn Unsicherheit aufkommt, wenn einem Berufstand erzählt wird dass sein sterben unmittelbar bevorsteht? Da ist es doch eigentlich verständlich dass man es mit der Angst zu tun bekommt.

Auch ich hatte irgendwann Angst, spätestens ab dem Zeitpunkt als ich verstand dass die Winzer mit diesem Problem völlig alleine gelassen wurden, es ist zwar jedem Bekannt das dieses Drecksvieh von Südeuropa her zu uns wandert, aber irgendwie kam das nie bei den Produzenten an, zumindest nicht als Warnung. Ich bin da durchaus der Meinung dass hier unsere Verbände und Warndienste völlig und total versagt haben! Ich bin gespannt ob die Weinproduzenten für den kommenden Jahrgang mit einer ordentlichen Strategie, Informationen und Fakten zur Lage ausgestattet werden um dann angemessen regieren zu können.

Das Problem ist ja nach wie vor nicht gelöst und ich gehe davon aus dass unsere Weinbauinstitute und Forschungseinrichtungen im Moment nichts anderes tun als sich um Drosophila suzukii zu kümmern. Oder?
insekten-0044.gif von 123gif.de
Der Mangel an Information führte zu unterschiedlichen Bekämpfungsstrategien die zum Teil apocalytisch daherkamen. Von „wir killen alles was kreucht und fleucht im Weinberg“ bis hin zum „Anzünden von Wunderkerzen im Weinberg“ gab es nahezu jede Kollegenempfehlung. Dazu kommen die üblichen Winzerspiele, derjenige der keinen Befallsdruck hatte liess sich als „Der Winzer feiern der alles richtig gemacht hat“ und um die, die es richtig erwischte wurde es wohl einfach nur still ….

Ja, hörte man bei den Versammlungen den Kollegen und Funktionären zu konnte man durchaus den Eindruck gewinnen es ist die Zeit der Apocalypse gekommen. Nur selten habe ich eine derartige Weltuntergangsstimmung erlebt wie in diesem Jahr, selbst wer noch niemals eine Drosophila suzukii leibhaftig gesehen hatte bekam es mit der Angst zu tun.

Letztendlich hinterläßt bei mir persönlich meine erste Begegnung mit Drosophila suzukii ein mulmiges Gefühl, aber zum Schluss überwiegt die Erleichterung dass der Weinjahrgang 2014 doch viel mehr und viel entscheidender vom Wetter beeinflusst wurde als von einer Kirschessigfliege! Ich hoffe sehr dass bleibt auch in Zukunft so!

Die 2014er Weine präsentieren sich durchweg sauber und klar strukturiert. Nach den vergangenen kleinen Weinernten war bei uns der Druck hoch eine normale Ernte einzufahren, so ergab es sich dass wir in diesem Jahr hauptsächlich Weine in Kabinettqualität produzierten, genau dass was wir am dringendsten benötigten. Meine persönlichen Highlights sind bisher ein Chardonnay der im Barrique vergoren ist und dort auch noch ein paar Wochen verbringen darf, ein dicker fetter Spätburgunder aus unseren Alten Weinbergen und schlussendlich wieder einmal die Riesling Spätlese aus Deutschlands schönsten Weinberg der Heidelberger Sonnenseite ob der Bruck.

[color-box color=“green“]Info Weinrallye:

Wer eine Weinrallye mitmachen möchte ist willkommen dies zu tun, Blog und öffentliche Facebookseiten sind uns als Plattform für Weinrallye Artikel willkommen. Wem eine entsprechende Webseite fehlt kann gerne das Winzerblog für seine Veröffentlichung nutzen, bitte einfach bei mir melden.

Die aktuelle Weinrallye #80 welche Anlass für dieses Artikel war, wurde ausgerufen von Christin Jordan und trägt das Thema “Herbst 2014 – Eindrücke, erste Bilanz, Meinungen”

Weitere Infos und Organsisation: die Regeln | Facebook Gruppe |[/color-box]

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