von Abfüllanlagen und denen die dieselben bedienen

Weingeschichten

von Abfüllanlagen und denen die dieselben bedienen

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 18 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Um 8 heute Morgen gings los mit der Abfüllerei.
Wir machen das nicht selber, sondern es kommt ein Abfüll-LKW auf den Hof gefahren, die übernehmen dann den ganzen technischen Teil der Abfüllung. Wir machen das so, weil zum einen natürlich die Investition in eine solche Anlage gewaltig ist. Weiterhin und das ist wichtig, sind diese professionellen Abfüller immer auf dem neuesten Stand der Technik und das ist in der heutigen Zeit wichtig. Mit einer Abfüllanlage aus den 70ern wird es z.B. schwierig Kunststoffkorken zu verwenden, weil die Korkmaschine einfach nicht dafür eingerichtet ist. Als Betreiber einer Abfüllanlage muss man ständig nachinvestieren, um up to date zu sein. Weiterhin will so ein Ding natürlich ständig gepflegt sein, dafür fehlt mir schlichtweg die Zeit, ich habe genug mit dem Wein, dem Büro und unserer Kundschaft zu tun. Aber der Hauptgrund sind natürlich die Kosten, man denke nur einmal an alle Veränderungen der Flaschenverschlüsse der letzen Jahre. Schraubverschluss, Korken, Presskorken, Stainlesscap, Longcap, Kunststoffkorken, ganz neu das Vino-Lok, demnächst kommt der Zork nach Deutschland. Jeder Verschluss stellt andere Anforderungen an die Technik und mit dem Verschluss alleine ist es ja nicht getan. Die Kapsel, so man sie dann verwendet, muss ja auch noch irgendwie drauf. Alleine die Grundinvestition in diese Maschinen ist enorm, dazu kommt natürlich das man mit der Entscheidung für einen Verschluss, sich die Alternativen über Jahre nimmt, etwas Neues zu versuchen. Dies alles hat uns bewogen unsere uralte Abfüllung abzuschalten aber nicht ganz stillzulegen, um sich nicht total von anderen abhängig zu machen. Ein weiterer Grund für das Nichtselberabfüllen ist sicherlich der, dass meine Leidenschaft für Technik und Schlosserei doch recht unterentwickelt ist. Vielleicht hab ich als kleines Kind nicht genug mit Fischertechnik oder Ähnlichem gespielt. Somit ist natürlich klar, dass mein Job beim Abfüllen nicht gerade toll ist, ich darf Flaschen vom Band nehmen und in eine Kiste setzen, die Aufsicht übernehmen ja die Profis vom Abfülldienst. Es ist ein richtiger Sch…job und ehrlich gesagt bin ich froh, wenn der LKW wieder vom Hof fährt und ich einige Wochen nichts mit Abfüllen zu tun habe. Mit Grauen denke ich an meine Lehrzeit zurück, als ich mindestens gleich viel Zeit in der Abfüllhalle verbrachte wie im Keller. Heute lacht man darüber, aber es war z.B. normal die Kapseln von Hand auf die Flaschen zu setzen. Horror, du sitzt da am Band und Stunde um Stunde laufen Tausende Flaschen an dir vorbei, auf die du die Kapsel aufsetzen musst. Ein eigenes Universum bestehend aus Kapsel, Flasche und einem Hirn, das vergeblich nach etwas sucht, womit es sich beschäftigen kann. Es war schon ein Highlight wenn von der weißen auf die schwarze Kapsel gewechselt wurde. Eine andere willkommene Abwechslung, die man in einer Abfülllinie findet, ist der zumeist cholerische Abfüllmeister, der mit zunehmenden Alter der Anlage immer mehr Anfälle bekommt, die sich in unglaublichen Flüchen oder gegen die Wand geworfenen Flaschen äußern. Natürlich war es nicht lustig, wenn man selbst Auslöser der Anfälle war, weil man evtl. die falsche Kapselfarbe aufgesetzt hat und es erst nach 2000 Flaschen bemerkt wurde!! Ein weiteres Merkmal der Menschen die jahrelang an Abfüllanlagen arbeiten ist der Fakt das diese alle mehr oder weniger taub sind. Der Lärm aneinander klirrender Flaschen ist unerträglich und kann nur durch spezielle Flaschenreinigungsmaschinen getoppt werden, die mit Ultraschall arbeiteten. Hierbei wird das Klirren noch von einem schrillen Ton der höchsten Tonlage unterlegt. Ich denke allerdings solche Geräte gibt es heute gar nicht mehr oder sind gar verboten. Ich schreibe hier natürlich von Zuständen, wie sie heute eigentlich nicht mehr vorkommen sollten, aber ich würde dafür meine Hand nicht ins Feuer legen. Nach dieser Zeit war für mich klar, nie mehr irgendetwas mit Abfüllen zu tun haben zu wollen. Gott sei es gedankt, es ist mir gelungen!! Ohne jemandem zu Nahe treten zu wollen, glaube ich das der eine oder andere, der intensiv mit dieser Materie zu tun hat, irgendwie sonderbar ist. Tagelang, wochenlang, jahrelang Flaschen zuzuschauen wie sie sich langsam mit Wein füllen, begleitet von diesem unangenehmen Klirren des Glases, dem Gestank des Sterilisators, das muss seine Spuren hinterlassen. Andererseits hab ich es auch erlebt, das der größte Choleriker nachdem die Anlage abgestellt, gereinigt und gewartet war, er sich zum absoluten normalen Menschen wandelte, der zwar immer noch ein Hörproblem hat, aber ansonsten ein Supertyp ist. Fragt man einen Abfüllmeister während der Arbeit nach dem Weg, bekommt man ein klares „leck mich“ fragt man ihn nach Feierabend dasselbe, bringt er dich dahin, wo du willst, da ist kein Weg zu lang! So sind sie halt die Abfüller, herzensliebe knallharte Burschen, die immer wissen, an welcher Schraube sie drehen müssen. Ohne Sie und ihre Mitarbeiter würde sich in manchem Betrieb kein Rädchen mehr bewegen.

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