Weingeschichten

Kellerregeln – Kellerrecht

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 18 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Kellermeister früherer Tage waren die alleinige Autorität in ihrem Weinkeller. Ausdruck ihrer Macht und Befugnisse waren die Kellerregeln, die früher an jedem Kellereingang für jeden deutlich sichtbar hingen.
So war im Weinkeller zu Salem zu lesen wie folgt:

Der Leser den wir hier nach Standsgebühr verehren
Erkenne, dass wir ihn durch diese Schrift belehren,
Was Kellerordnung sey, und was das Recht für Dinge,
Die jeder halten muss, in Kürze mit sich bringe.
Damit man sich in nichts so wider dies vergehe,
und aller Strafe frey, mit Ruhm und Ehr bestehe.

Wird dann ein guter Freund in Keller eingeführet.
So wird sogleich der Hut gerücket und gerühret,
So Er sich eines Stocks bediente auf den Gassen.
Soll Er denselben draussen stehen lassen.
Er klopft an keinem Fass, so lang es Weine haltet,
Wenn es noch föllig neu, wenn es auch ganz veraltet.

Er untersteh sich nicht im Mindesten zu schmähen
Und frey nach seinem Sinn umher zu gehen.
Vorzüglich hüt er sich, die Hahnen umzureiben.
Das Spassen geht nicht an, noch arges Possen treiben,
Was wüste Reden sind, die müssen ferne weichen,
Da sie der Kieferzunft zu Hohn und Spott gereichen.

Hat sich etwa der Gast in einem Stück vergangen
Und sollt er nach dem Recht die Straf empfangen,
So soll man sich bei Leib nicht drüber lustig machen
Und seinen guten Freund im Unglücksstand belachen.
Wenn man der gnädgen Herren Namen höret,
Wird er mit fryem Hut und tief gebeugt verehret.

Der Kiefer wird demnach soviel Politik haben,
Und seinen werthen Gast mit einem Glas laben.
Besonders ist beim Trunk diess einzig noch zu melden,
Fürs erste mal soll es für Hohe Herrschaft gelten,
Hernach soll es zum Flor des Gotteshaus geschehen
Und dann so weiter fort auf andre Freunde gehen.

Er wird die Kühne That mit eigner Schande büssen,
Der Kiefer wird ihn froh, mit Bastonaten grüssen
Den ersten Streich der er der Frevelnde waren,
Wird auch der Herrschaft Recht und Ehre wahren.
Der zweite Wird versetzt für Meister und für Knechte
Der dritte endlich ist zum Schutz der Kellerrechte.

Ist selbiges wie hier geschehen,
So wird gleich jedem Freund ein Trunk gegeben
Was übriges zu thun darf man nicht lange fragen
Die feinere Vernunft wird einem jeden sagen,
Unterziehe dich den Regeln und dem Kellerrecht
Damit Du geachtet bleibst vom Meister und dem Knecht!

Da ist bis zum heutigen Tage einiges Wahre dran. Auch moderne Winzer und Kellermeister können es nicht leiden wenn an ihren Fässern und Tanks rumgeklopft und geschraubt wird. Ebenfalls allergisch reagiert die Zunft, wenn Leute enfach so durch den Keller spazieren und fröhlich umherwandeln. Allerdings gibt das kellerrecht auch genügend Rechtfertigung für so manches Trinkgelage, denn bis alle hohen Herren und die Kirche mit einem Trunk geehrt worden sind, dürfte so mancher Liter Wein seinen Weg aus dem Fass in den Schlund gefunden haben.

Das Salemer Kellerrecht und andere Kellerregeln können in einem Artikel Vom Kellerrecht (pdf) von Ruedi Schneider nachgelesen werden.

Salem ist ein echter Fundus an Weinhistorie, den hoffentlich irgendwann einmal ein Institut oder ein Forscher bergen wird und so der Öffentlichkeit zugänglich macht. So gibt es Beispielsweise auch detaillierte Berichte darüber, wie sich die Torkelmeister bei Ihrer Arbeit zu verhalten hatten. Auch das Salemer Straffass wäre einmal einen ausführlicheren Bericht wert, denn wann und wer sich alles über das Fass beugen mußte um seine Strafe zu empfangen habe ich leider keine Informatioenen gefunden. Offensichtlich stammt das Straffass aus der gleichen Zeit wie die obigen Kellerregeln und stehen damit in direktem Zusammenhang.
Über die Torkel und ihre Funktionsweise werde ich sicherlich irgendwann einmal mein kärgliches Wissen darüber im Winzerblog wiedergeben.

Das könnte Sie vielleicht auch interessieren?

Menü