Ökologisches Inferno

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 16 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Es ist kühl als mich mein Kumpel in den Weinberg führt, er will mir was zeigen.

Bereits aus der Ferne kann auch der ungeübte erkennen, mit diesen Rebstöcken stimmt etwas nicht. Je näher wir diesem Weinberg kommen erwarte ich den stechenden Gestank von faulen, verrotteten sich zersetzenden, verwesenden Trauben. Nichtsdergleichen erreicht jedoch meine Nasenflügel. Liegt wohl daran das die Trauben verreckt sind bevor Zucker in den Beeren eingelagert wurde.

Betritt man diesen Weinberg hat man das Gefühl es verdunkelt sich der Himmel, die Temperatur sinkt, es bildet sich Gänsehaut an Stirn und Armen, die Nackenhaare sträuben sich. Angstschweiss bildet sich und instinktiv geht man über in eine Abwehrhaltung, die Muskeln spannen sich. Nichts, wirklich nichts möchte man hier berühren, es könnte ja was hängen bleiben und man schleppt es in den eigenen Weinberg ein, dieses elendige dreckige ökologische, natürliche, für Reben todbringende Bazillenzeugs oder was es auch immer ist was in dieser Ausgeburt der Hölle verkleidet als Weinberg tobt.

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Der Tod zeigt seine Visage, gräulich, fade, schaal und leblos. Alles farbige, bunte und lebendige wird brutal unterdrückt. Vor sich hinsiechende nur noch schwach vegetierende Rebstöcke. Ein letztes aufbäumen, die Blätter verfärben sich, dann fallen sie ab, 12 Wochen zu früh.

Ein Ökologisches Inferno, eine mikrobiologische Hölle voll mit dem Giften der Natur. Fette Pilzzellen haben einen Platz gefunden an dem sie ihre widerlichen ausgelassenen ekelhaften Orgien feiern können.

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Unter Fachleuten wird der Verursacher Oidium genannt, bekannter unter dem Namen echter Mehltau, einer der ärgsten Feinde die der hiesige Weinbau kennt.

Die Rebanlage wurde von einem Umstellungsbetrieb auf ökologische Bewirtschaftung offensichtlich für dieses Jahr aufgegeben. Der fatale Spass, das Desaster wird Nachwirkungen haben. Der Oidium wird sich ein lauschiges Plätzchen zum überwintern suchen und im nächsten Jahr bereits mit dem Austrieb sein todbringendes Spiel treiben.

Weil der eine nun auf Öko macht muß mein konventioneller Kumpel nun Gift spritzen wie die Alten früher. Im Wochenrhythmus muß er alles abtöten was sich aus dem natürlichen Todesweinberg rüber bewegt auf der Suche nach frischer Nahrung. Schon lange hat er aufgegeben nur noch dann zu spritzen wenn es nötig ist wie im normalen Betrieb. Mit solch einem Weinberg in der Nachbarschaft ist nichts mehr normal, Pflanzenschutz ist immer nötig. Tag und Nacht, jede Stunde jede Minute muß der Spritzbelag intakt sein, in den Leitungsbahnen der Rebe sind die Assimilate mit Gift angereichert um den ständigen Attacken aus dem dunklen Weinberg widerstehen zu können.

War da nicht noch irgendwo ein Beutel Gift vom Ur-Opa? Die Leute behaupten ja das früher die Spritzmittel viel effektiver waren als die heutigen! Kein Wunder, sind ja nicht nur die Pilze sondern ab und zu auch mal ein Winzer dran gestorben.

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Mein Kumpel fragt sich kurz ob sein Opa das alte Zeug im Weinberg versprühen will? So schlimm kann es ja nicht sein, zumindest wenn man sich einmal die Bilder der Webseite Pflanzenschutz.de anschaut, sympathisch, kinderlieb, freundlich und irgendwie wirkt es gar nicht giftig, eher nett und vertraut?

Ich war froh als ich aus dem Todesweinberg entfliehen konnte, ich mag kein Gift, egal ob Öko oder Konventionell.

Öko hat zunächst mit Marketing nichts zu tun. Öko muß man leben und das nicht nur im Weinberg sondern auch im Kopf. Dann funktioniert es auch!

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