Internationales

SPIEGEL ONLINE + Zucker + Seehofer = grober Unfug

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 16 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Manchmal frage ich mich wirklich wie man sich solch einen Blödsinn ausdenken kann und dann auch noch veröffentlichen darf. Ich habe selten einen Artikel gelesen der derart von Fehlern strotzt. Bereits die Überschrift „Seehofers Kampf für den Zuckerwein“ läßt nichts gutes erwarten. Seehofer setzt sich vielleicht für die Anreicherung von Most mit Zucker ein, ganz bestimmt nicht für den Zusatz von Zucker zum Wein!!!
Weitere Beispiele groben Unfugs gefällig?
Gerne:

Der SpOn schreibt:

Vor allem Deutschlands Agrarminister Horst Seehofer hatte sich für die Massenproduzenten eingesetzt.

Die Anreicherung hat grundsätzlich zunächst einmal nichts mit Massenproduktion zu tun. Kleine Winzer wie auch große Betriebe reichern ihre Weine an. Die Beweggründe dies zu tun mögen dabei unterschiedlich sein. Die maximale Erntemenge ist in Deutschland exakt reglementiert, wirkliche Massenproduzenten findet man in anderen Ländern dieser Welt, wo Traubenproduktionen von 30 Tonnen/Hektar die Normalität sind.

… setzen noch immer viele Produzenten auf Sorten wie Trollinger, Dornfelder oder Lemberger. Es sind Sorten, die sich vor allem in den Discountern wiederfinden. Und die könnten bei einer eingeschränkten Zuckerzufuhr nicht mehr angebaut werden – sie wären zu herb.

Trollinger und Lemberger im Disounter zu Schnäppchenpreisen sind doch eher die Ausnahme, davon träumt die Autorin des Artikels vielleicht, diese Sorten werden definitv NICHT mehrheitlich im Discounter verkauft. Besonders dem Lemberger tut man hier Unrecht!
Der Anbau der genannten Sorten ist selbstverständlich NICHT von einer „Zuckerzufuhr“ abhängig, die gegenteilige Behauptung zeigt das Niveau der getätigten Recherche.
Der größte Blödsinn ist jedoch die Feststellung das die Weine ohne Zuckerzufuhr zu herb wären. Die Tatsache das Weine herb oder lieblich sind hat im Grunde nichts mit der Anreicherung zu tun.

Da in den kühleren Regionen weniger Sonne scheint, werden die Trauben oft nicht süß genug. Viele Winzer fügen deswegen dem Wein Zucker zu, um den Alkoholgehalt zu erhöhen. Im südlichen Italien, Portugal oder Spanien – so wie auch bei den deutschen Qualitätsweinen – verwendet man stattdessen Traubenmost

Mit Traubenmost ist vermutlich rektifiziertes Traubensaftkonzentrat (RTK) gemeint. Dieses RTK wird man äusserst selten in deutschen Qualitätsweinen finden. Ich kenne keine Winzer die so etwas einsetzen. Vermutlich war beim deutschen Qualitätswein die Süßung mit Traubensaft gemeint
Trotzdem spätestens hier hätte der Autorin auffallen müssen das sie Grütze schreibt, denn warum sollte in warmen Ländern mit Traubensaft angereichert werden wenn doch nur in kühlen Ländern (denn dort scheint ja die Sonne weniger!) die Trauben nicht süß genug werden?

So geht es munter weiter im Artikel, es reiht sich Fehler an Fehler.
Für den nächsten Weinartikel des SpOn einige Denkansätze Meinerseits:

  • Anreicherung und Süßung sind nicht das gleiche
  • Neben Zucker dienen auch RTK und die Mostkonzentration der Anreicherung
  • Anreicherung dient in den seltensten Fällen der Grundsicherung des Alkoholgehaltes, die Alkoholerhöhung wird im modernen Weinbau vielmehr als Geschmackliche Komponente verstanden
  • Zuckerproduktion in der Traube ist nicht ausschliesslich von der Sonne abhängig
  • ist Südeuropäischer mit chinesicher Apelsäure angereicherter Wein besser als deutscher Wein angereichert mit Zucker? Sonne ist schön, aber viel davon ist nicht automatisch gut!!
  • Die Qualität einer Traube kann nicht alleine über den Zucker definiert werden. Faktoren wie Säure, Extrakt, Bodenverhältnisse, Wasserverfügbarkeit, Niederschlagsverteilung usw sind nicht minder wichtige Faktoren.
  • Für weiteren Input empfehle ich die Lektüre diverser Weinblogs.

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