Auf Reisen

Chablis – Nahrungsaufnahme

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 18 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Weinreise Chablis, Burgund und Champagne
Samstag 20. Mai 2006

Nach dem ich überall verschlossene Türen vorgefunden habe, spendierte ich mir ein Abendessen in einem Restaurant im Herzen Chablis.
Im Restaurant empfingen mich 2 Herren, einer um die 20 Jahre alt, der andere um die 40 Jahre alt. Das Drama nahm seinen Lauf, keiner der beiden war irgendeiner Fremdsprach mächtig, in Chablis wird nur und ausschließlich Französisch gesprochen.
Na ja, irgenwie bekam ich einen Platz zugewiesen, mit den Weltweit gängigen Zeichen für Trinken machte ich deutlich das ich gerne ein Glas Wein hätte, auf nähere Angaben was ich genau wünschte verzichtete ich. Der Kellner reichte mir die Speisekarte, und sah mich Erwartungsvoll an. Offensichtlich war er genau so gespannt wie ich, denn er hätte mir auch eine in Chinesisch geschriebene Karte in die Hand drücken können, ich hätte genau so viel verstanden, nämlich nichts.

So formulierte ich folgende Worte „un specialite de region?“ schaute ihn dabei an, tatsächlich reagierte er und wies auf ein Menü das irgendetwas mit Aduette zu tun hatte. Ich nickte dem Kellner zu und erwartete eine herrliche Mahlzeit, nichtwissend was ich bestellt hatte.

Der Kellner kam mit einem kleinen niedlich aussehenden schwarzen Topf, stellte ihn auf den Tisch, feierlich entfernte er den Deckel. Wortlos schaute mich der Kellner an, ob er einen Freudensprung erwartete? Ich weiß es nicht, auf alle Fälle ging er von dannen und ließ mich zurück mit einem Steakmesser, einer Gabel und einem Topf Suppe auf dem Tisch.

Meine Sinne spielten verrückt, denn zum einen stieg ein Geruch in meine Nase, den ich noch nicht definieren konnte, zum anderen war ich völlig Ratlos ob der Essbestecke. Suppe mit Steakmesser und Gabel?
Ein vorsichtiger Blick in den Topf, zeigte das es sich nicht um eine Suppe handelte, sonderen um Dinge die in einer Brühe umherschwammen. Einige davon schienen Fleisch zu sein, beim Versuch eines davon zu essen, gewinnt das Ekelgefühl und ich lasse es bleiben. Schön säuberlich verschließe ich das Töpfchen und warte auf den Kellner mit dem zweiten Gang.

Inzwischen fällt mir auch wieder ein, woher ich diesen süßlich schweren Geruch herkenne. Vom Schlachten. Früher auf den Bauernhöfen als es noch Hausschlachtungen gab, lag immer dieser Geruch in der Luft.

Der Kellner kommt. Kein Besteckwechsel, alles bleibt beim Alten, der kleine Topf wird abgeräumt. Doch was sehen meine Augen? Ein neuer Topf bahnt sich seinen Weg auf meinen Tisch, größer als der erste, aber genau so schwarz.

Nachdem auch hier der Deckel entfernt ist, erfüllt sogleich der bereits beschriebene Geruch den Gastraum aufs neue. Ein Blick in das innere des Topfes offenbart, alles ist gleich, nur die Fleischartigen Stücke haben sich verändert. Sie sind deutlich größer geworden, offensichtlich handelt es sich um Nieren oder andere Innereien. Mir wird klar, dieses Anuiette-Ding sind Innereien, andere würden es Schlachtabfälle nennen. Ich hole mir nochmals die Speisekarte und sehe, das ich ein 5-Gänge Menü bestellt habe, komplett bestehend aus verschiedenen Variationen der L’andouillette a la Chablis!!

Somit beschließe ich den Abend zu beenden, spüle den üblen Geschmack mit dem wirklich guten Rest meines Weines hinunter, verlasse meinen Platz und bezahle direkt an der Kasse mein Menü. Großzügigerweise wird mir das Glas Wein nicht berechnet.

Leben wie Gott in Frankreich, dieser Spruch hat definitiv nichts mit dem Essen zu tun, davon bin ich inzwischen fest überzeugt, und aufs neue bestätigt. Für den Rest der Reise hat sich das Thema Essen für mich erledigt, ich gehe nur noch dorthin, wo ich sehe was ich bestelle, oder jemand da ist der irgendeine Fremdsprache spricht.

Es gibt in Deutschland genau so guten Honig wie in Frankreich, unser Fleisch ist von ebenso guter Qualität vielleicht sogar besser, unsere Käsespezialitäten brauchen sich hinter denen der Franzosen in keinster Weise zu verstecken. Die Küchenkultur ist in den hiesigen Gastronomien mindestens gleichwertig, wenn nicht sogar besser als in Frankreich. Des Essens wegen, muß keiner mehr nach Frankreich gehen.

Links zum Thema L’andouillette

  • Gibt es keine. Tatsächlich scheint es keinen Menschen in Deutschland zu geben der das Zeug gegessen hat oder ähnliches zubereitet. In diversen Übersetzungen scheint das deutsche Wort für L’andouillette wohl Kuttelwurst oder Gedärmewurst zu sein.

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